LT5 / LT2 “Memeldelta”

Diese Teile des “Memelradweg”-Reiseführers von 2003 betreffen schon Gebiete im Delta des Flusses Memel (litauisch: Nemunas)&

Sie sind auch Teil des “Küstenradwegs Litauen”, der später entstanden ist.

Šilūtė (Heydekrug) und Rusnė (Insel Russ)

 

Šilutė (Heydekrug)

Der Name stammt von einem Gasthof, die hier stand („Der Krug auf der Heide“). 1511 gab die Komtur von Memel dem Händler G. Talat das Recht, einen Gasthof zu betreiben. Dieser stand an der Kreuzung der Wege von Memel (Klaipėda), Tilsit (Tilžė, Sowjetsk) und Russ (Rusnė), also an der Stelle, wo heute die Kreisverwaltung (rajono savivaldybė) steht. Lassen wir Dietmar Albrecht von seiner Reise in ein untergegangenes Land erzählen: „Heydekrug, Šilutė, überrascht mit dem kaum lädierten Bild einer preußischen Landstadt. Den weiten Markt rahmen die Häuser der Händler und Honoratioren, prominent an der Südseite das zweistöckige Haus des Ökonomierates Scheu, mit Anklängen ans Rokoko hier am Ende der Welt.“ An der Hauptstraße stehen alle wichtigen Gebäude: Amtsgericht und Gefängnis (1848), Feuerwache (1911), die alte Post (1905). Pastorat, evangelische Kirche (geweiht 1926). Der 50 m hohe Kirchturm hat drei Glocken und eine Uhr, die jede Viertelstunde schlägt. Der alte Markplatz mit seinen Gebäuden, der Hafen, der Bahnhof und die Brücke wurden 1875 errichtet, die Brücke über den Fluss Šyša 1914, das erste Gymnasium 1924.“ Nach Šilutė fährt man über die Vilniaus gatvė. Früher befand sich das Dorf Verdainė. 1566 bekam J. Hinkmanas das Recht hier eine Kneipe zu eröffnen und in der Šyša zu fischen. Der Krug von Verdainė gehörte später dem Urgroßvater von Immanuel Kant, dem genialen Philosophieprofessor der Universität Königsberg, dessen Ideen sicherlich die Welt der Menschen verändert haben. Zum Gedenken an ihn wurde vor dem Krieg die Straße in “Kantstraße” umbenannt. Anfang des vergangenen Jahrhunderts befand sich in einer der Kneipen das Restaurant „Villa Werden“. Hier konnte man nicht nur Tee trinken, sondern den Nachrichten aus Königsberg, Berlin oder London lauschen, denn hier stand einer der ersten Radioapparate im Land diesseits der Memel. Weiter geht es auf der Tilžės gatvė (Tilsiter Straße), bis man rechts den evangelischen Friedhof (8) sieht. Als lokale Größen liegen hier: der Buchhändler und litauischer Exlibris-Vorreiter F.A.Štalis (1848–1905) und seine Frau Marija (1864–1929) sowie der Drucker K.Sekuna (1833–1908). Auf diesen Gräbern stehen Holzkreuze. Auf diesem Friedhof befindet sich auch das Familiengrab der Sudermanns.Wer in die Nemuno gatvė abbiegt, der kommt zum Neuen Friedhof (Šilutės naujosios kapinaitės). Hier liegen der Aufklärer und Heimatforscher P.Jakštas (1889–1988), der litauische Verteidigungsminister Generalleutnant P.Šniukštas (1878–1952), der litauische Militärflieger und Vertriebene K.Lekšas (1914–1994), der Professor K.Balkus–Balčiauskas (1920–1997). Gegenüber vom ev. Friedhof auf der anderen Straßenseite der Tilžės gatvė steht die neogothische Katholische Backsteinkirche (katalikų bažnyčia (9) aus rotem Backstein von 1854. Im Heiligtum wurde 2001 ein Denkmal für die Opfer der Okkupationen errichtet, das Christus mit verbundenen Händen darstellt. Um die katholische Kirche befand sich früher das Dorf Žibau. Noch im 19. Jh. wurde das Regionalkrankenhaus aus Rusnė nach Žibai verlegt und das Bezirksgericht gebaut, in dessen Mauern sich heute die Tourismus- und Haushaltsschule (Šilutės turizmo ir buitinių paslaugų mokykla (Lietuvininkų g. 72) befindet. Daneben befindet sich das Hotel „Nemunas“ (Lietuvininkų g. 70). Auf der anderen Straßenseite: Theater und Kunstgalerie (dailės galerija). An der Bibliothek steht noch immer der Vorkriegssockel der ehemaligen Gas-Straßenbeleuchtung. Im alten Zentrum (Altstadt, senamiestis (10), auf der heutigen Lietuvininkų gatvė, stehen typische Gebäude aus der Zweiten Hälfte 19./Erste Hälfte 20. Jh: Feuerwache / gaisrinė (Lietuvininkų g. 22), Post paštas (Lietuvininkų g. 23) und Heydekrugmuseum / Šilutės muziejus (11) (Lietuvininkų g. 36, tel. 8-441-62209). Heute sind hier verschiedene archäologische Fundstücke, Münzen, Schriften, Fotos, Volkskundedinge und Volkskunstsammlungen zusammen gesteckt. Die Firma UAB „Šilutės melioracija“ hat im Verwaltungsgebäude eine Ausstellung über Bodenverbesserung eingerichtet. Im Zentrum steht die ev.-luth Kirche (12), die für das Stadtsymbol gehalten wird, Bauplan von K. Gutknecht. Erst vor einigen Jahren wurden Kirchenkreuz und Turm restauriert, die Wände neu getüncht. In den Goldball unter dem Kreuz wurden die neusten Ausgaben der Zeitungen „Šilokarčema“ (Heydekrug), „Pamarys“ (Küste), „Klaipėda“ (Memel), „Vakarų ekspresas“ (Westexpress) gelegt, in denen die Restaurierungsarbeiten beschrieben wurden, sowie ein Geldsäckchen mit heutigem litauischen Geld. In der Kirche kann man ein Fresko vom R. Pfeiffer, Professor der Universität Königsberg, bewundern. Im Park neben der Kirche wurde 1996 das Denkmal für Hermann Sudermann / paminklas H.Zudermanui (13) wieder errichtet. Er wurde berühmt für die literarische Darstellung des Lebens der Landesbewohner vor den Weltkriegen. Aus seiner Gesichte „Die Reise nach Tilsit“ wurde 1976 ein Theaterstück gemacht, 1981 der berühmte Kinofilm “Die Reise ins Paradies” (Kelionė į rojų). In der Nähe des Denkmals für Sudermann wurden 1944 sowjetische Soldaten begraben, die in den Kämpfen um den Ort fielen.

Fast am Ende der Lietuvininkų gatvė, kommt der Stopp am berühmtesten Gebäude: Der ehem. Gutshof von Heydekrug (buvęs Šilokarčemos dvaras (14). Heute befindet sich hier die Biblitohek des Museums und das Kultur- und Tourismus­informations­zentrum (Kultūros ir turizmo informacijos centras) (Lietuvininkų g. 4). Etwas entfernt von der Straße kann man das verfallende Gartenhaus zu besichtigen, das mit der lokal-typischen Dekorverschalung beschlagen ist. Fahren Sie am Ufer der Šyša entlang. Das hier war der Gutspark, genannt Varnamiškis. 1926 wurde der von H. Šojus anläßlich seines 80. Geburtstag offiziell den Stadtbewohnern übergeben. Vorm Krieg wurden in diesem Englischen Garten mit seinen 3 Weihern rund 150 Arten Bäume und Büsche gepflanzt, darunter silberblättriger Ahorn, Burgunder- und Roteichen. Es wurden Spazierwege angelegt, Fußgängerbrücken, ein Sportplatz und ein Schießstand. Zu Sowjetzeiten verfiel alles und auch von den seltenen Bäumen ist nicht viel übrig.

Hinter der Elisabethbrücke / Elžbietos (Elizos) tiltas, wächst in der Nähe der Stadiono gatvė ein Naturdenkmal: die 23 m hohe Eiche Pagrynai (Pagrynių ąžuolas (15)., 1,5 m im Durchmesser.

Erwähnenswert ist noch die Gutshofanlage von H. Šojus (Scheu) von 1818. Šojus, Ehrendoktor der Universität Königsberg und Wirtschaftwissenschaftler, kaufte 1892 den Gutshof, verkaufte aber später einen Großteil an Neusiedler weiter, und lieferte die Grundstücke für den Bau von Bezirkskrankenhaus, Schule, Stadtverwaltung, Feuerwehr, Pfarramt und Kirche. Ihm ist es zu verdanken, dass das Land an der Hauptstraße Tilsit-Memel trocken gelegt wurde, neue Straßen angelegt wurden und entlang des Flusses Šyša ein Schutzdamm errichtet wurde. Die bunte Sammlung des ehemaligen Hausherrn an archäologischen, kartografischen, ethnografischen Material und Möbeln, Stoffen, Haushaltsgegenständen der Kleinlitauer bildet heute das Heimatmuseum. Hier findet man eine Ausgabe der „Postilė” von Jonas Bretkūnas (Johann Brettke) aus dem Jahre 1591, „Lietuvos istorija“ (Geschichte Litauens) von A.Vijūkas–Kojelavičius von 1650 und andere außergewöhnlich wertvolle Bücher. Und natürlich wird er von den Šilutern geehrt: Über H. Šojus fanden verschiedenen Ausstellungen und Konferenzen statt, veröffentlicht wurde das Buch „Garbusis Šilokarčemos pilietis“ (Der ehrenhafte Bürger von Heydekrug”). 1992 wurde für ihn neben dem Gebäude des 1. Gymnasiums von Šilutės ein Gedenkstein aufgestellt mit der Aufschrift: „Im Andenken an den Menschen, auf dessen Land das Alte Heydekrug begründet wurde” (“Atminimui žmogaus, savo žemėje kūrusio senąją Šilutę“). 2000 wurde auf dem Grab von Šojus, auf dem Territorium der ehemaligen Fabrik für Hydraulikgetriebe, ein Gedenkstein eingeweiht; 2001 neben dem Gutshofgebäude das Denkmal für H.Šojus (7), Künstler: E.Daugutis.

Der berühmte Fischmarkt von Šilutė (Heydekrug) existierte fast fünfhundert Jahre. Hierher kamen die Bauern aus Nordlitauen sowie die Fischer von der Russ, aus Minge, Karkle und sogar aus Nida, Karwaiten (von der Kurischen Nehrung) oder noch weiter aus Tapiau/Labguva (heute: Gwardejsk im Kaliningrader Gebiet). Lange Zeit bekam der Ort keine Stadtrechte, die „Konkurrenten“ Memel (Klaipėda) und Tilsit (Tilžė, Sowjetsk) waren dagegen. Erst 1722 und 1818 wurde es zum Kreis- und Bezirkszentrum, und erst 1910 mit dem Zusammenschluss der drei Dörfer Verdainė, Žibai und Cintjoniškės entstand die Stadt Šilutė/Heydekrug. Sie wurde trotz Hunger und Pest, Überschwemmungen und anderer Unglücke zur zweitgrößten Stadt im sog. „Memelland“, günstig gelegen an der Hauptstraße Tilsit-Memel. Am 19. Januar 1923 verkündete nahm das (litauische) Parlament („seimas“) von Šilutė/Heydekrug die Erklärung über die Vereinigung von Memelgebiet (Klaipėdos kraštas) und Republik Litauen mit Autonomierechten. Zur Erinnerung an dieses Ereignis steht ein Gedenkstein für M. Purvinas und M. Purvinienė vor der Gebietsverwaltung.

Westlich des Zentrums von Šilutė fahren Sie über eine Eisenbrücke von Anfang des 20. Jh. Sie ist ein technisch-architektonisches Denkmal. Wer durch die Rusnės gatvė fährt, dem sollte das Denkmal “Nebel” („Pūga“) auffallen. Es erinnert an die ums Leben gekommene Feldärztin und Geburthelferin Z. Petraitienė, die durch den Nebel zu ihren Patientinnen eilte.

Wenn Sie noch ein wenig Zeit haben, dann fahren Sie doch vor oder nach Besuch von Šilutę arba in die Dörfer Mažiai, Jonaičiai und Macikai. Aus dem Stadtzentrum geht das über die Ž. Naumiesčio gatvė Richtung Žemaičių Naumiestis. An der Kreuzung mit der Umgehungsstraße Kaunas-Klaipėda geradeaus ins Dorf Mažiai (6 km vom Stadtzentrum).

Alternative

Wenn Sie Zeit haben, dann legen wir Ihnen sehr an Herz, Insel und Ort Rusnė (dt.: Russ) zu besuchen. Es ergeben sich drei Möglichkeiten: 1) Nach dem Besuch von Rusnė auf dem gleichen Weg nach Šilutė zurück und danach Richtung Klaipėda; 2) Mit einem Boot übersetzen zum Dorf Minija (Minge) oder 3) ebenfalls per Boot zur Kurischen Nehrung (Kuršių Nerija). Fragen Sie im Tourismus-Informations-Zentrum Šilutė nach Möglichkeiten zum Schiffstransport. Auf jeden Fall ist die Weiterfahrt bis Rusnė Pflicht. Vergessen Sie nicht, die beliebteste Speise zu probieren – Räucherfisch. Ihn gibt es in Läden am Meer und bei den Bewohnern direkt. Von Šilutė verläuft die Hauptstraße am Rande des Waldes Žalgiriai. Während des Frühjahrshochwassers findet man den Großteil dieses Weges und seiner Umgebung nur unter Wasser wieder.

Rusnė (Insel Russ)

Rusne ist eine Insel zwischen den Armen der Memel, die sich an ihrer Mündung in ein Delta mit mehreren Armen teilt. Über eine Brücke kommt man auf diese Insel und erreicht den Ort Rusne, ein altes Fischerdorf. In schriftlichen Quellen wurde es zum ersten Mal im 14. Jh. erwähnt. Dass es hier Litauer und Kuren wohnten, davon zeugt der Erlass des preußischen Fürsten Albrecht aus dem Jahre 1544. Mit dieser Vorschrift ließ der Fürst den Gottesdienst auf beiden Sprachen (litauisch und kurisch) abhalten. Wie auch das ganze Memelland, war Rusnė viele Jahrhunderte unter preußischer Herrschaft. Man versuchte, das Land zu germanisieren, aber die Einheimischen blieben ihrer Herkunft treu. Heute kommt man auf die Insel Rusnė (Russ) anders als früher. Lange Zeit gab es keine Brücke, nur Fähren. Heute gibt es hinterm Wald Žalgiris die erste Brücke, die den Namen von K. Grinius trägt. Der Weg führt durch Wiesen, die im Frühjahr überflutet werden. Danach, wenn man den Memelarm, der auf Litauisch Atmata heißt, erreicht hat, gilt es zu bemerken, dass die erste Brücke an dieser Stelle erst 1914 stand. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie gesprengt – und wieder gähnende Leere. Erst 1974 wurde die neue Brücke aus Stahlbeton gebaut (333 m lang, 10 m breit). Auf ihr kommen Sie auf die Insel Rusnė/Russ. Die litauische Herleitung des Namen Rusnės kommt vom Verb „rusnoti“, d. h. langsam fließen. So nannte man den rechten Arm der sich teilenden Memel, später auch die Insel und die Siedlung. Wasser spielt für die Bewohner dieses Ortes eine außergewöhnlich große Rolle. Der Landvermesser Č. Kudaba schrieb: “die Menschen hier wussten lange nicht, was ‘Stein’ ist. Das moderig riechende Wasser war ihnen das leckerste; Fischgeruch in der Küche, in den Höfen und in der Bettwäsche, das ihrige. Mancherorts gingen die Türen der Bewohner und gar dieser Höfe zu den Flussstegen. Sie waren ihre Lebensader.” Rusnė ist einer der ältesten bewohnten Orte am Meer. Zuerst kann man ihn in den Chroniken des Kreuzritterordens finden. Einen Krug gab es sogar ab 1448, früher gar als Heydekrug (heute Šilutė). Außerdem ist bekannt, dass es schon 1419 eine Kirche gab (die Zahl steht noch heute auf dem Kirchturm). In der Umgebung gab es keine Landwirtschaft, trotzdem stieg die Einwohnerzahl. Die meisten arbeiteten in Sägewerken, Mühlen, der Brauerei, der Schnapsbrennerei, stellten Lastkähne her oder fischten. Noch im 19. Jh. war Rusnė größer als Heydekrug und war der größte Ort des Bezirks. Heute kommen hierher gerne Sportfischer und Ökotouristen.

Biegen sie nach der Brücke über die Atmata links ab. Im Zentrum von Rusnė befindet sich die ev. luth Kirche (evangelikų liuteronų bažnyčia (20), errichtet 1809. Aus der Ferne sieht man schon den quadratischen Turm, der die Fassade beherrscht (nach gotischen Architektur­traditionen). In seinem Zentrum gibt es den halbrunden Eingangsbogen. Innen ist sie jedoch sparsam und sachlich ausgestattet, wie bei evangelischen Kirchen typisch. Wegen der Kolonisierungsbestrebungen in Preußen, war im 19. Jh. nur noch knapp die Hälfte der Gemeindemitglieder Litauer. Die Messe wurde morgens auf Deutsch und nachmittags auf Litauisch abgehalten. Auf dem benachbarten Kirchfriedhof haben nur wenige Grabmale bis in unsere Tage überlebt. Noch 1918 wurde eine“Heldenhain” eingerichtet und ein Denkmal für die Soldaten des Ersten Weltkriegs errichtet. An der Kirchenwand wurde eine Marmorplatte mit den Namen aller 186 im Krieg gefallenen Gemeindegliedern angebracht. An der Nordwand kann man immer noch die Grabsteine des Inselpatriarchen E. Anker (1848–1935) und seines Großvaters sehen. Im Kirchhof wurde K. Jurkšaitis (1825–1915) beigesetzt, Sammler von Erzählungen Klein Litauens, Pressemitarbeiter und Sprachforscher. Seine Lehrsammlung “Aš bei mano namai norim Viešpačiui šlužyti“ wird bis in unsere Tage für das schönste Buch Kleinlitauens gehalten.

Fahren Sie durch die Šilutės gatvė. Nach dem gepflasterten Platz kann man die Reste der alten Brücke sehen und hat nebenbei einen wunderbaren Blick auf das Ufer der Atmata. An der renovierten Post stehen immer noch Pfosten und Lampen der alten Beleuchtung. Früher begrüßten sie alle Erste die Gäste des Städtchens. Fahren wir in die K. Donelaičio gatvė, den Schildern folgend kommen wir ins ehemalige Dorf Skirvytėlė. Hier steht das Freilichtmuseum des Fischers (etnografinė žvejo sodyba (21) (Tel. 8-441-58169). Sein Begründer, Dr. K. Banys, macht die Reisenden in diesem Bauernhof mir der Geschichte von Rusnė bekannt, mit dem Alltag und der Kultur der Bewohner. Unter diesem Dach gibt es auch ein unverrückbares Denkmal: Den Schornstein der Räucherei

In Rusnė könne sie in den authentischen Bauernhöfen von Knapkis, L.Šalkauskienė, D. Drobnienė und G. Gečienės übernachten. Nach dem Besuch des Ortes geht es weiter über die Insel Rusnė. Auf dem Weg Richtung Pakalnė fallen die Dämme auf, mit denen die Einwohner sich vor den Überschwemmungen schützen. Ein Großteil davon ist dem schon erwähnten E. Anker(is) zu verdanken. Wegen dieser Wälle wird die Insel Rusnė mitunter auch “Riesenschüssel” genannt.

Pakalnė

Nach dem Dorfeingang links abbiegen und den “Information”- Schildern folgen. Sie führen zu einer ehemaligen sowjetischen Herrschaftsvilla. Heute befindet sich hier das Informationszentrum des Regionalparks Memeldelta/Nemuno deltos regioninio parko informacinis centras (22), in dem es alle Informationen über die Insel Rusnė, ihre Natur und ihre Bewohner geben sollte. Weiter geht’s Richtung Uostadvaris.

Uostadvaris

In Uostadvaris (wörtlich: Hafen-Gut) stand noch im 18. Jh. ein Gutshof. 1939 wurde das Gut den Führer der Memeler Nationalsozialisten E. Neumann geschenkt. Heute gibt es an dieses Gut jedoch nur noch Erinnerungen. Biegen Sie nach den Höfen von Uostadvaris nach links ab. Bald beginnt nach dem Asphalt der Schotterweg. Nach 2 km zeigt sich vor einem der Leuchtturm von Uostadvaris (Uostadvario švyturys (23) – Anfang 19. Jh.) In ihm gibt es heute eine Aussichtsplattform, von der man über das flache Land schauen kann.

Die Wasserpumpenstation (erbaut 1907) von Rusnė ist ein Denkmal, das an den Kampf des Menschen mit dem Wasser erinnert. Der erste Damm (Polder) wurde auf den überfluteten Wiesen nach der katastrophalen Überflutung 1888 erbaut. Es wurden auch Wasserhebetationen benötigt. Und sie ist bis heute in Betrieb: Bei Hochwasser wird das Wasser von der Insel in die Memel gepumpt. Jetzt befindet sich in diesem technischen Denkmal das Poldermuseum (Šilutės polderių muziejus (24). Hier kann man mehr über den Kampf mit dem Wasser erfahren und den original Dampfmotor aus der alten Station besichtigen. Anwohner führen und erzählen.

Leider enden in Uostadvaris auch alle Festlandswege. Wer in Minija weiter fahren will, der muss die Anwohner fragen, ob sie einem mit einem der Boote am Hafen rüber bringen. Oder Sie müssen nach Šilutė zurück und über Kintai nach Klaipėda. Für Besucher des Nationalparks der Kurischen Nehrung kann man auch eine Überfahrt über das Haff nach Nida (Nidden) organsieren. Von Nida bis Juodkrantė gibt es hervorragende Radwege, danach auf der Hauptstraße und per Fähre nach Klaipėda (Memel).

Quadrat 13. Text

Orte: Šyšgiriai– Kintai – Ventės ragas

a) Wenn Sie per Boot ins Dorf Minija fahren, dann lesen bei “Minija (Minge)” weiter.

b) Wenn Sie den gleichen Weg nach Šilutė zurückfahren, dann geht’s weiter am Haff nach Kintai (Kinten). Unterwegs wartet das Uferpanorama des Kurischen Haffs auf Sie. Biegen Sie auf der Hauptstraße in Šilutė links Richtung Klaipėda ab und kurz nach dem Marktplatz sehen Sie eine Abbiegung. An einigen Abbiegungen rechts halten Richtung Šyšgiriai. Nach Šilutė erstreckt sich ein guter, angenehm zu fahrender Schotterweg entlang des Sumpfes Aukštumala (13 km). Links sieht man teilweise den Krokų Lankos-See. Ab der Brücke über den Fluss Minija ist der Weg asphaltiert, beiderseits von ihm blitzen Fischzuchtteiche in der Sonne. Wer in das Dorf Minija möchte, der muss nach Brücke und Teichen dem Schild nach links aus einen Schotterweg abbiegen. Im Dorf gibt es eine “Urlaub auf dem Lande”-Übernachtung. Zurück auf dem Hauptweg fahren Sie an der T-förmigen Kreuzung links und besuchen Ventės ragas (Die Windenburger Ecke, s. Beschreibung unten). Unterwegs beim Ort Šturmai befindet sich ein Hotel und Restaurant. In der Ferne auf der anderen Seite des Haffs, reckt sich die Kurische Nehrung empor. Verpassen Sie Ventės Ragas nicht: Der Weg ist gut und der Ort eindrucksvoll gelegen. Aus Ventė geht es auf der Hauptstraße immer geradeaus bis Kintai.

Minija (Mingė)

Das Fischerdorf (Minijos žvejų kaimas (25) liegt an beiden Ufern des gleichnamigen Flusses. Bis heute wird es von den Einheimischen mit kurischen (nicht litauischen) Namen Minge oder Mine genannt. Zum ersten Mal wird es 1540 schriftlich erwähnt: Es lebten hier 60 einfache Menschen und mindestens zwei deutsche „privilegierte“ Familien. Fast alle Höfe lebten vom Fischfang: Neben den Häusern standen und stehen Boote, Fischereiutensilien und die typischen Fisch­räucher­häuschen. So entstand hier ein ziemlich einzigartige Ortstruktur: Die Fassaden der Höfe sind zur „Hauptstraße“ des Dorfes ausgerichtet – aber das ist hier der Fluss Minija. Wegen der häufigen Überschwemmungen war das Leben immer schwer. Im 18. Jahrhundert litt auch dieser Ort unter Kriegen und Krankheiten, erst im 19. Jahrhundert erholte es sich. Es gab hier eine Segelnäherei, eine Segelbootswerkstatt, eine Wassermessstation. Es begann auch lansam der Tourismus, denn die Flussdampfschiffe, die regelmäßig Memel und König-Wilhelm-Kanal entlang zwischen Tilsit (heute: Sowjetsk) und Memel (heute: Klaipėda) verkehrten, machten hier einen Zwischenstopp. Das ganze Dorfleben änderte sich essentiell nach dem Zweiten Weltkrieg. Am linken Ufer wurden mächtiger Tierfuttermehlapparat eingerichtet, am rechten eine Viehfabrik gegründet. Gebaut wurde auch eine Brücke, die ins Nirgendwo führt. Dafür wurden viele der einzigartigen Fischerhöfe abgerissen. Die romantische Ansicht lässt ein wenig das harte Leben der Fischer vergessen. Heute versucht man sich in Minija am Wassertourismus, viele Häuser sind jedoch verfallen. Trotz des architektonischen Verfalls kann man hier seltene Vögel und verschiedene Wasserpflanzen finden, die ins Litauische “Rote Buch” (der gefährdeten Arten) eingetragen sind, so Seeadler und Kranich.

Nachdem Sie sich an diesem sogenannten “Litauischen Venedig” erfreut haben, fahren Sie weiter über Bložiai und Stankiškiai bis zum Asphalt. Dann nach links und nach 6 km kommen Sie zu einer der einzigartigsten Ecken in ganz Litauen: Ventės Ragas, der Windenburger Ecke auf Deutsch. Wenn Sie jetzt sehr ermattet sind, dann können Sie in Šturmai das Hotel oder Restaurant besuchen. Das empfiehlt sich nicht nur für einen Snack: hier kann man auch ein Boot mieten, um über das Haff zu fahren.

Ventė (Windenburg)

In der Gegend des heutigen Dorfes Ventė lebten Menschen schon in prähistorischen Zeiten. Die Kreuzritter, welche die große strategische Bedeutung der Memelmündung verstanden, errichteten an dieser Stelle um 1360 zum Schutz von Hafen und Wasserweg die “Windenburg”. Wahrscheinlich gab es auch eine Kirche und das erste Gasthaus. Aber die Burg versank durch Wind und Gezeiten im Haff. Das gleiche geschah mehrmals mit der Kirche. Und so rückte das ganze Dorf immer weiter vom Haff weg bis zu seinem heutigen Ort.

Nach rund 0,5 km kommt man zum “Rand der Erde” in Litauen. Von altersher wurde über Ventė geschrieben, dass es der gefährlichste Ort und „wirklich der Albtraum aller Schiffer“ sei, denn entlang des Kaps erstrecken sich steinerne Untiefen. Deswegen steht hier auch seit langem ein Leuchtturm (Ventės švyturys (26). Der erste war noch aus Holz und wurde mit Lampenöl erleuchtet. 1863 wurde das heutige 12 m hohe technische Denkmal gebaut. Von der Aussichtsplattform im Turm sieht man nicht nur den Wellenbrecher auf dem Haff, der Ventės Ragas schützt, sondern auch das Band der Kurischen Nehrung und Nida. Neben dem Leuchtturm wurde 1880 eine Wassermessstation errichtet. 1929 wurde auf Initiative von Prof. Tadas Ivanauskas (in seinem Namen gibt es das Zoologische Museum in Kaunas) eine Vogelstation (ornitologinė stotis (27) gegründet. Seit über 30 Jahren wird sich von L. Jezerskas geleitet, der Reisenden manchmal (auch auf Deutsch) über den Vogelzug erzählt. In der Station gibt es ein Museum, Labors, Netze zum Vogelfang. Hier werden sie beringt und ihr Vogelflug erforscht. Jedes Jahr im Frühjahr und Herbst ziehen über 5 Mio. Vögel über Ventė hinweg. Das ganze Memeldelta ist einer ihrer bevorzugten Rastplätze.

Von der “Windenburger Ecke” geht es auf dem gleichen Weg zurück und weiter Richtung Kintai.

Muižė

2 km nach dem schon bekannten Stankiškius kommt man nach Muižė. Dabei handelt es sich uim einen der ältesten Gutsorte an der Küste. Nachdem 1820 das Gut von E. W. Berbom gekauft wurde, veränderte sich der Ort so sehr, dass er den Beinamen “Klein-Italien” bekam. Heute ist von diesem Gutshof nichts übrig, an seiner Stelle steht eine Fischkonservenfabrik. E. W. Berbom war Bürgermeister von Memel (Klaipėda), später wurde er als königlicher Fischereiobermeister für das Kurische Haff eingesetzt. Ihm fielen Zeichen ein, die die Fischerdörfer unterscheiden – die “vėtrunges” (Die verzierten Windrosen auf den Schiffsmästen). Des weiteren beschäftigte er sich mit der Sammlung von Volksgeschichten, schrieb Gedichte, malte, betrieb archäologische Forschungen und betrachtete vom Dach seines Hauses die Sterne. Der kleine Friedhof mit seinem Grab (E.W.Berbomo kapas (28), befindet sich rechts des Weges. Am Weg steht ein Informations­stand über ihn, das Grab selbst finden Sie unter einer großen Eiche, umsäumt von einem kleinen Eisenzaun.

Weiter auf dem gleichen Weg fahren Sie durch das Dorf Dovilai, in dem der Publizist und Kulturschaffende M. Ašmys geboren ist. Er war mitbeteiligt an der Litauischen Unabhängigkeitserklärung von 1918. Bald kommen schon die Hütten von Kintai in Sichtweite.

Kintai (Kinten)

Eine Fischersiedlung, die sich an das Kurische Haff und den Wald von Kintai schmiegt. Schon 1540 wird verzeichnet, dass hier ein B. Kintas seinen Hof gehabt habe. Und 1951 fanden Ausgrabungen auf dem Burgwall im Norden des Ortes statt. Im 18./19 Jh. gedieh der Ort zum Fischerdorf, das für seine Fischmärkte berühmt war. Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil des Ortes zerstört, aber man kann die typische Architektur noch bemerken. Im Sommer findet im Anklang an alte Zeiten ein Fest statt, obwohl die wertvollen Fische von einst – Lachs, Aal und Stör – rar geworden sind. Die im Jahre 1705 erbaute evangelische Kirche (29) ist erhalten geblieben. Sie wurde teilweise aus Mauerresten der alten Windenburg (s. Ventė) gebaut. Bei ihrem Neubau gab es damals – vor zweihundert Jahren (!) einen Streit. Das alte Gotteshaus war nämlich durch eine Überschwemmung stark beschädigt worden. Und so stritt man sich um den passenden Ort für die neue Kirche. Der Legende zufolge wurden aus den anliegenden Gemeindedörfern Ventė und Kiošiai gleichzeitig zwei Reiter losgeschickt. Und so wurde es abgemacht: Dort, wo sie sich treffen, da wird die Kirche gebaut. Sie reichten sich in Kintai die Hände. Zur Sowjetzeit wurde die Kirche renoviert, in ihr wurde ein Ausstellungs- und Konzertsaal eingerichtet. Die alten Einwohner erinnern sich noch daran, dass früher neben der Kirche ein Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs stand, doch es wurde abgerissen und für Fundamente beim Gebäudebau benutzt. 1988 wurde neben der Kirche ein Gedenkstein mit der Aufschrift: „Von 1888–1892 lebte und arbeitete in Kintai Vydūnas“ eingeweiht. Ja, was Vydūnas angeht, so steht bei der Bushaltestelle rechts des Weges die ehemalige Gemeindeschule, mit der Kirche 1705 errichtet. Nachdem, Vydūnas 1888 das Lehrerseminar von Ragainė (Ragnit, heute im Kaliningrader Gebiet) abgeschlossen hatte, wurde er zum Lehrer der Grundschule von Kintai bestimmt. Später erkrankte er schwer, aber eine Frau des Ortes konnte ihn mit Heilkräutern heilen. Dann begann Vydūnas seinen Weg als litauischer Kulturschaffender. In der renovierten Schule wurde 1994 das Vydūnas-Kulturzentrum (Vydūno kultūros centras (30) (Tel. 8-441-47379) eröffnet. In ihm befindet sich auch ein Gedenkmuseum, in dem man sein Wissen über die Vergangenheit von Klein Litauen, Preußisch Litauen, des Memellandes usw. vertiefen kann. Außerdem gibt es ein besonderes Exponat: die von S. Sodonis und anderen Heimatforschern in Tallinn aufgespürte Harfe von Vydūnas. In diesem Zentrum befindet sich darüber hinaus die Kinderkunst- und musikschule. Es gibt diverse Kunstausstellungen.

Nehmen wir uns ein bisschen Ruhe und fahren die J. Čiulados gatvė weiter bis wir zur Post auf der rechten Seite kommen. Nach links führen Schilder in Richtung “Kintų girininkija” (Forstamt Kinten). Hinter dem Forstgebäude steht ein Naturdenkmal: der Große Lebensbaum (Didžioji tuja (31). In Europa gibt es nur einen größeren, und zwar in der Schweiz. Der 17 m hohe Riese lädt zur Rast in seinem Schatten ein. Bald wird er 100 Jahre. Der Weg über das Forsthaus führt weiter zum Ufer. Dort kann man sich an der Aussicht, an den kleinen Fischerbuchten und am Baden erfreuen. Die örtliche Gemeinschaft kämpft aktiv gegen die Ölförderung an dieser Stelle. Zurück geht’s nur auf dem gleichen Weg und dann heißt es von Kintai Abschied nehmen. Von Kintai entstreckt sich entlang der Küste der “Kurische Weg” als touristische Route. Sie können sich an den neu eingerichteten Rastplätzen erholen und an Info-Ständen mehr über dieses Gebiet erfahren.

Quadrat 14. Text

Orte: Kintai – Klaipėda

Von Kintai führt eine asphaltierte Allee über Sakučiai, Lamsočiai, Venckai nach Priekulė. Wer nach Priekulė/Proküls möchte, der muss hinter Venckai an der T-förmigen Kreuzung links abbiegen und fährt auf Asphalt über Mieželiai nach Svencelė. Der Weg macht einen landschaftlich schönen Bogen und über Dreverna kommt man nach Priekulė.

Alternativweg nach Dreverna.

Wer noch Lust und Kraft hat, der kann am Ortsende von Kintai (an der Abzweigung der Hauptstraße zum Forstamt/ Girininkija) nach links abbiegen und dem Weg am Waldrand durch das Pflanzenschutzgebiet Kintai bis nach Dreverna fahren (Waldweg und Schotter). Dieser an sich sehenswerte Weg kann stellenweise schwer zu befahren sein. Auf ihm fahren die Schwertransporter des Ölhandels der sich nicht weit von hier hinter dem Wald auf dem Weg zum Dorf Svencelė befindet. Dieser Ölbetrieb, der inmitten der Küstenwiesen ein Schandfleck in der Landschaft ist, ruft Unruhe bei den Anwohnern hervor. Der Weg wird immer besser und links eröffnet sich der Ausblick auf die Dünen der Kurischen Nehrung. In Svencelė wurde der Übersetzer und Schriftsteller M. Kybelka geboren.

Svencelė

Nicht weit vom Haff, südlich von Dreverna liegt das Dorf Svencelė. In ihm gibt es einen Heiligen Hügel auf dem das ewige Feuer geschürt wurde.

Die Legende erzählt, das auf diesem “Berg” in grauer Vorzeit ein Riese wohnte. Er hatte auch noch 7 Nachbarriesen. Alle hatten aber nur eine Axt. Deswegen warf ein jeder der Riesen die Axt nach der Arbeit zu seinem Nachbarn, und dieser weiter zu seinem Nachbarn, und dieser weiter … Später wählten die litauischen Urahnen diese Stelle zur Verehrung der Götter.

Nach Svencelė biegen wir auf der Hauptstraße rechts ab und fahren auf Asphalt bis Dreverną. Man kann aber auch auf einem Feldweg links am Haff weiterfahren.

Dreverna (Drawöhnen)

Ein Fischerdorf am Kurischen Haff, das einst an einem Arm des Flusses Minija (Minge) lag. Dreverna war schon im 13. Jh. bekannt. Berühmt sind die verzierten Wetterhähne, die man manchenorts noch sehen kann. Auch neue Häuser werden auf traditionelle Weise mit den Wetterhähnen verziert. Im Nordosten verläuft der “Klaipėda-Kanal” (s.u.). Er ist 24 km lang und 30 m breit. Dieser Ort war für seine großen Fischmärkte berühmt.

Nach Dreverna gibt es zwei Möglichkeiten weiter zu radeln:

a) über Priekulė entlang der Hauptstraße (Asphaltstraße) oder

b) hinter dem Kanal links einbiegen und entlang des Kanals. Letztere Variante ist zwar sehr schön, aber die Wegbeschaffenheit doch eher etwas für geländetaugliche Radfahrer.

Wilhelmkanal/Klaipėdos kanalas

Wer sich für das Abenteuer entscheidet, der fährt an Priekulė vorbei. Man sieht die Überreste von zwei alten Brücken (über die letzte könnte man mit etwas Mut sogar noch fahren… ) Aber auf der anderen Seite befindet sich ein Militärgelände. Das schöne Kanalufer selbst ist ein beliebtes Ausflugsziel und das klare Wasser lädt zu einer Abkühlung ein… Am Ende geht es scharf rechts ab und bei der nächsten Abzweigung links auf eine äußerst fiese Schotterstraße. Diese endet in Klaipėda an der Straße zum Internationalen Fährhafen (links geht’s nach Deutschland und Schweden, rechts oder geradeaus kann man bald die Plattenbauten von Klaipėda Süd sehen).

Der Kanal selbst wurde 1863-1873 ausgegraben. Seine Aufgabe war die unruhige Fahrt über flache kurische Haff zu vermeiden. Seine Länge beträgt 24 km, seine Breite – etwa 30 m. Der Kanal verbindet den Fluss Minija mit dem Kurischen Haff bzw. den Fluss Memel (Nemunas) mit der Stadt Memel (Klaipeda). Er endet im Süden von Klaipėda genau im Alten Holzhafen (Senoji medžio prieplauka) und weist somit auch auf die alte Transportfunktion des Kanals hin. Benannt wurde er nach dem Preußischem König Friedrich Wilhelm III.

Wer die Mühen meidet, dem empfehlen wir die asphaltierte Straße nach Priekulė.

Priekulė (Proküls)

Priekulė findet zum ersten Mal 1540 schriftliche Erwähnung. Nach dem Gutshofbesitzer und Sohn von Paminima Lukas Priekūlis wurde das Dorf benannt. Dieses Städtchen am Flüsschen Minija ist heute ein gutes Beispiel für die typische Küstenarchitektur der Vorkriegszeit besonders mit der Hauptstraße. 1587 wurde in Priekulė eine ev.-luth. Kirche gegründet: Sie ist damit die älteste im Memelgebiet. Zum 450. Stadtjubiläum wurde von den Prökulern der nach dem Krieg gesprengten Kirche ein Denkmal aus weißem Beton gesetzt. Die Schriftstellerin Ieva Simonaitytė (1897-1978), die aus dem Dorf Vanagai in der Gegend stammte, mochte Priekulė sehr. Hier verbrachte sie ab 1960 ihre Sommer. Heute kann man ihr Häuschen in der Vingio g. 11 besichtigen, das sich an Minija-Fluss und Vingis-Park schmiegt. Hier gibt es ein kleines Museum für I. Simonaitytės. 1997 wurde für sie auf dem zentralen Stadtplatz ein Denkmal errichtet (Bildhauerin: Dalia Matulaitė).

Von Priekulė geht’s nach Klaipėda am besten auf der Hauptstraße. Sie hat zwar einen breiten Fahrbahnhand, ist aber verkehrsreich mit vielen Autos, deswegen: Fahren Sie vorsichtig! Alternative dazu können nur Feldwege und Schotterstraßen durch den Wald von Dituva, der Kleinkartensiedlung Dituva, Kintai bis zum Internationalen Fährhafen sein. Wer diesen Weg nehmen möchte, dem empfielt sich eine genauere Karte. Fahren Sie in Klaipėda auf die “Hauptstraße des Friedens” (Taikos prospektas), auf der Sie direkt bis ins Stadtzentrum und die Altstadt kommen. Eine andere Alternative ist, in Prikulė in den Vorortzug nach Klaipėda zu steigen.

Klaipėda (Memel)

Die “Memelburg” wurde 1252 vom Deutschen Orden gegründet und die Stadt feierte also vor kurzem ihr 750jähriges. Heute ist Klaipėda der größte Hafen Litauens, sein Tor zum Meer. Die Stadt unterscheidet sich durch ihre Architektur und dem Pulsschlag einer lebendigen Hafenstadt. Die eigentliche Altstadt brannte im 19. Jahrhundert ab, nach dem Zweiten Krieg waren von ehemals über 40.000 Einwohnern nur noch eine Hand voll übrig, die Stadt lag in Ruinen. Als immer Eis freier Hafen war sie zu Sowjetzeiten eine geschlossene Provinzstadt mit zahlreichen Militärbasen. Der Süden der Stadt wurde mit Plattenbausiedlungen zugepflastert, alle Kirchtürme verschwanden. Die über 200.000 Einwohner sind zu einen großen Teil Russen oder kommen aus “Großlitauen”.

Aber in den Achtziger Jahren wurde die Altstadt restauriert, zahlreiche Straßenzüge erinnern an den Vorkriegsflair. Außerdem wurde die Stadt mit ihren zahlreichen Festivals zu einem Veranstaltungszentrum im Sommer.

Hier gibt es zahlreiche Sehenswürdigkeiten, Denkmäler, Hotels, Restaurants und Kneipen.

Besonders sehenswert:

Die Altstadt mit dem „Ännchen von Tharau“. Vom Balkon auf dem Theater sprach am 23.3.1939 Hitler anlässlich der Rückkehr Memels zum Deutschen Reich.

Der Skulturenpark auf einem alten Friedhof in der Nähe des Busbahnhofs (am Ende der Fußgängerzone Mažvydo alėja), an dessem Rande auch ein imposantes sowjetisches Kriegsdenkmal steht. Am anderen Ende eine neue kleine orthodoxe Kirche…

Die alte Post – vor allem von innen wegen der alten Holzvertäfelungen.

Ein Großereignis war 1979 die Eröffnung des Meeresmuseum und Aquariums – heute sogar mit Delphinen (Am Nordende der Kurischen Nehrung, das zu Klaipėda gehört). Wer mehr über Klaipėda/Memel wissen möchte, dem empfehlen wir den Kauf eines Stadtplans oder der zahlreichen Publikationen, die man in Buchhandlungen, im Tourismusinformationszentrum, am Kiosks usw. kaufen kann. Besonders ans Herz legen wird das immer aktuelle Heft “Exploring Klaipėda”, das auch auf Deutsch kostenlos über die litauische Küste informiert.

Ende oder Beginn der Tour?

Hier endet (oder beginnt) unsere Reise auf dem “Memelradweg” / „Nemuno dviračių trasa“. Von Klaipėda kann man nach Hause, auf die Kurische Nehrung oder auf weitere Erkundungsreisen an Meer und Hinterland gehen.

Wir sind sehr gespannt auf Ihre Erfahrungen im unbekannten Litauen, Ihre Anregungen und hoffen, dass Sie bald wiederkommen und vielleicht Lettland, Estland oder Ostlitauen per Rad entdecken wollen. Wir helfen Ihnen dabei!

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